Olympia: Bericht von Annekatrin Thiele über ihre 4. Spiele
„Endlich war es so weit. Mit einem Jahr Verspätung konnten wir (Leonie Menzel, Thomas Affeldt und ich) die Reise Richtung Japan antreten. Unser Ziel im Land der aufgehenden Son- ne hieß aber erst einmal Kinosaki. Nach 10h Flug und den Einreiseformalitäten starteten 3 Busse von Tokio nach Kinosaki. Mit einer Übernachtung erreichten wir am 2. Juli endlich Kinosaki. Dort haben wir die unmittelbare Wettkampfvorbereitung (UWV) und Akklimatisierung für die Olympischen Spiele in Tokio absolviert.
Die Bewohner/innen empfingen uns mit Fahnen und Wimpeln. Ein wenig fühlte man sich wie die Fußballer. Nach der Begrüßung durch den Bürgermeister, durch Hotelbesitzer und Vereinsmitglieder gab es Abendessen. Völlig erledigt nach der 9-stündigen Busfahrt auf die süd-westliche Seite von Japan fielen alle ins Bett.
Der neue Tag startete mit einem Frühstück. Aufgrund der Coronabestimmungen durften wir uns leider nicht selbstständig außerhalb des Hotels bewegen. Daher wurden wir täglich zum Bootshaus geshuttelt. Das Training fand auf einem Fluss statt, was natürlich eine Umstellung für alle Athleten war. Trotz der Strömung konnten wir die Trainingsumfänge und -intensitäten umsetzen. Die Wetterbedingungen forderten uns in der ersten Woche richtig. Regen, Sonne, Regen, Sonne und immer um die 25 Grad. Es war einfach sehr schwül.
Zum Ende des Trainingslagers durften wir sogar noch etwas in die japanische Kultur eintauchen. Ein Mannschaftsnachmittag mit Kalligrafie, traditioneller Tracht, Teezeremonie und Tempelbesuch brachte Abwechslung in den Tag. Mit vielen neuen Eindrücken und Geschen- ken im Gepäck verließen wir nach gut 15 Tagen Kinosaki. Unter dem Jubel und mit vielen Glückwünschen der Einheimischen ging es los Richtung Tokio.
Das große Abenteuer Olympische Spiele 2021 wartete auf uns. Die Busreise dauerte wieder etwas länger, aber diesmal regnete es nicht. In der Mittagspause kehrten wir nochmal, wie auch schon auf der Hinfahrt, im Restaurant „Würzburg“ ein. Die Betreiber und Mitarbeiter empfingen uns sehr herzlich. Ein wenig Heimat in der Ferne.
Mit Karaoke-Einlagen und Tanzen auf dem Parkplatz vertrieben wir uns die Zeit. Vor den To ren Tokios stoppten wir nochmal um einen Blick auf den weltbekannten Fuji zu ergattern.
Die Aufregung stieg bei allen, je näher wir dem Olympischen Dorf kamen.
Endlich da. Gepäck ausladen – Akkreditierung abholen – Transport zum Haus der Deutschen Mannschaft. Dort angekommen gab es einen herzlichen Empfang durch die Mitarbeiter des TeamD. Leonie und ich bezogen unser Zimmer. Die Zimmer waren recht geräumig, aber einfach eingerichtet. Unser Apartment hatte sogar Wasserblick. So ließ es sich aushalten.
Der erste Abend im Olympischen Dorf brachte viele neue Eindrücke. Da unsere Boote erst am Nachmittag erwartet wurden, konnten wir den neuen Tag entspannt beginnen. Unser Team frühstückte gemeinsam in der Mensa. Anschließend schauten wir für eine Runde Rad im Fitnesscenter vorbei.
Nach der Mittagspause ging es dann zum ersten Mal an die olympischen Regattastrecke. Dort wartete schon unser Trainer Thomas Affeldt und Bootsmeister Markus Schmitz auf uns. Die Sonne brannte vom Himmel und ließ uns ganz schön schwitzen.
Beim ersten Wasserfassen drehte dann der Wind etwas auf. Das störte aber überhaupt nicht. Es war ein tolles Gefühl endlich auf dem olympischen Gewässer unterwegs zu sein. Neben dem Training wurde das Dorf erkundet. Es gab genügend zu sehen und zu entdecken. Der Tag unseres Vorlaufes kam näher.
Tag 1
Die Wettkämpfe der Ruderer begannen das erst Mal vor der eigentlichen Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele. Leonie und ich durften auch direkt im 3. Vorlauf antreten. Unsere Gegner waren NED-LTU-AUS. Wir hätten den 3. Platz erreichen müssen, um direkt ins Halbfinale einzuziehen. Leonie und ich sind ordentlich ins Rennen gestartet. Im Endspurt ließen leider etwas die Kräfte nach und wir konnten nur den letzten Platz belegen. Nun hieß es sich erholen und Kraft zu tanken.
Und natürlich die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele gemeinsam zu verfolgen. Da die Ruderer bekannterweise nie an der Eröffnungsfeier teilnehmen können, traf sich das Frauen Skull Team traditionell in der Einmarschkleidung und aß gemeinsam zu Abend.
Ich stand in diesem Jahr zur Wahl der Fahnenträgerin fürs TeamD. Die Entscheidung fiel auf Laura Ludwig und Patrick Hausding. Da wir also im Dorf waren, bastelten wir uns eben unsere eigene Fahne und gingen als Team mit der Deutschlandfahne um unseren Block. Das war eine echte coole Aktion. Nach unserer Runde schauten wir noch gemeinsam den Einmarsch der Nationen. Aber allzu lang durfte der Abend auch nicht gehen, denn der Hoffnungslauf stand unmittelbar am nächsten Tag bevor.
Tag 2
Der Wecker klingelte sehr früh, denn unser Rennen starteten schon 09:00 Uhr. Leonie und ich mussten Platz 3 machen, um ins Halbfinale einzuziehen. Diesmal hatten wir es mit den Russinnen, Chinesinnen und Tschechinnen zu tun. Das Rennen verlief richtig gut und wir be legten den 2. Platz hinter Russland.
Aufgrund von Taifunwarnungen wurden die Wettkämpfe von Montag und Dienstag auf Sonntag vorgezogen. Das hieß für unseren Doppelzweier, unser Halbfinale findet schon Sonntag statt. Leonie und ich hatten also knapp 24h bis zu unserem nächsten Rennen. Das ist natürlich eine besondere Situation für alle Teilnehmer. Aber was muss, dass muss.
Tag 3
Heute galt es. Es ging um den Einzug ins Finale. Das Einfahren hat gut funktioniert und wir waren heiß auf das Rennen. Auf Bahn 6 starteten wir in das Rennen. Wir hatten nichts zu verlieren. Leonie und ich konnten also befreit loslegen. Leider konnten wir nach 1100m der Konkurrenz nicht mehr folgen. Wir kamen nicht über den 6. Platz hinaus. Damit blieb für uns nur das Finale B. Vielleicht waren der Ausbrenner vom Vorlauf, dann die 3 Rennen in gut 50h und die Temperaturen doch etwas zu viel. Aber nun hatten wir ja 2 Tage Zeit, um uns zu er- holen und neue Kräfte zu sammeln.
Tag 4/5
Der große Sturm blieb aus. So konnten wir auf der Strecke trainieren und noch mal an klei- nen Stellschrauben drehen.
Tag 6
Finale-B
Mit uns im Finale ruderten CZE, RUS, AUS, ITA und FRA. Die Gegner waren uns alle bekannt. Das sollte ein spannendes Rennen werden. Wir sind mutig losgefahren und hielten ständig Kontakt zur Spitze. Am Ende reichte es leider nur zu Platz 5 und damit insgesamt Platz 11.
Das war mein schlechtestes Ergebnis bei den Olympischen Spielen. Doch wir haben gekämpft. Und am Ende muss ich sagen, bin ich stolz darauf, meine 4. Spiele erlebt zu haben.
Nach unserem letzten Wettkampf hatten wir noch 48h in Tokio, bevor wir Japan verlassen mussten. Wir nutzen die verbleibende Zeit und saßen am Abend noch gemeinsam zusammen. Am Donnerstag ließen wir es uns nicht nehmen, unsere Teammitglieder an der Strecke anzufeuern. Wir konnten die Silbermedaille des leichten Männerdoppelzweier bejubeln.
Freitag ging es dann zurück nach Hause. Der Empfang am Dresdener Flughafen und in meiner Wohnung war toll.
Danke an alle, die mich so toll unterstützt haben.
Annekatrin Thiele